Insgesamt 10 neue Adventure Bikes wurden bei unserem großen Reiseenduro Landstraßen Vergleich 2024 getestet, darunter auch die Moto Guzzi Stelvio und die V85 TT. In den niederösterreichischen Voralpen rund um den Pfaffensattel fanden wir alle Bedingungen vor, die Reiseenduristen bei Onroad-Touren so schätzen - vom griffigen Heizerasphalt bis zur welligen Piste war alles dabei.
Moto Guzzi Stelvio gegen V85 TT Test 2024
Die italienischen Reiseenduros im direkten Vergleich!
Trotz aller Modernisierungen, die Moto Guzzi durch die Piaggio-Konzernzugehörigkeit erfährt, bleibt die Marke mit den Adlerschwingen der Tradition absolut und glaubwürdig treu. Schon alleine der längs eingebaute V2-Motor mit den typischen schräg verbauten Zylindern ist eine Wucht! Dennoch wollen die beiden Reiseenduros Moto Guzzi Stelvio und V85 TT auch die moderne Reiselust befriedigen - wie schlagen sich die beiden Reise-Guzzis im direkten Vergleich?
vauli
Veröffentlicht am 25.12.2024
Die charismatischen V2-Motoren von Moto Guzzi Stelvio und V85 TT
Moto Guzzi Stelvio und V85 TT repräsentieren zwei unterschiedliche Entwicklungsstufen und Philosophien der Motorentechnologie bei Moto Guzzi. Der wassergekühlte V2-Motor der Stelvio liefert 115 PS bei 8700 Umdrehungen und bietet eine spürbar höhere Leistung als der Motor der V85 TT. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, ist es jedoch notwendig, das Drehzahlband auszureizen, was den Motor weniger entspannt, dafür dynamischer wirken lässt. Trotz der höheren Leistung bleibt die Stelvio ihrem charakteristischen Guzzi-Feeling treu, mit spürbaren Vibrationen und einem einzigartigen Sound. Der luftgekühlte V2-Motor der V85 TT ist mit 80 PS bei 7750 Umdrehungen deutlich gemütlicher ausgelegt. Der Fokus liegt hier auf sanfter Leistungsentfaltung und dem Einsatz des Drehmoments bei niedrigeren Drehzahlen. Das Aggregat der V85 TT ist darauf ausgelegt, entspannt zu fahren, mit einem nostalgischen Charme und einem unverkennbaren Guzzi-Sound. Die Getriebe sind bei beiden Guzzis eher von der robusten Sorte - hakelige Schaltvorgänge und ein spürbares "Klonk" erfordern mehr Kraft beim Schalten, was jedoch im gemütlichen Fahrstil der V85 TT weniger ins Gewicht fällt.
Wichtigste Spezifikation
Moto Guzzi Stelvio und V85 TT mit komfortablen Fahrwerken
Das Fahrwerk der Stelvio ist sportlich-straff abgestimmt, was ihr eine hervorragende Stabilität bei höheren Geschwindigkeiten verleiht. Besonders in langgezogenen Kurven zeigt es sich als präzise und spurtreu, was an einen Naked-Bike-Charakter erinnert. Diese sportliche Auslegung sorgt für ein gutes Onroad-Verhalten, insbesondere auf Reisen, wobei kleinere Unebenheiten und Schläge oft ungefiltert an den Fahrer weitergegeben werden. Die V85 TT hingegen setzt auf ein komfortorientiertes Fahrwerk. Es bietet ausreichend Präzision für entspannte Straßenfahrten und liefert gutes Feedback, ist jedoch deutlich weniger sportlich ausgelegt. Bei schnelleren, härteren Schlägen zeigt es Schwächen, die Komfort und Dämpfungsverhalten beeinträchtigen. Die gemütliche Abstimmung passt jedoch gut zum insgesamt entspannten Charakter des Motorrads.
Das Handling der beiden Italo-Reiseenduros
Trotz ihres stattlichen Gewichts von 255 Kilo zeigt sich die Stelvio erstaunlich agil und handlich. In Schräglagen erinnert sie eher an einen sportlichen Tourer als an eine klassische Reiseenduro. Das Einlenken geht leicht von der Hand, und sie vermittelt ein sicheres Gefühl, insbesondere bei zügigen Kurvenfahrten und höheren Geschwindigkeiten. Ihre Stabilität bleibt auch in langgezogenen Kurven bemerkenswert hoch, was das Handling auf der Straße optimiert. Mit 237 Kilo ist die V85 TT leichter als die Stelvio, was ihr in Kombination mit dem breiten Lenker auch eine erstaunliche Wendigkeit verleiht. Sie kippt schnell und willig in Schräglagen, was sie gerade im kurvigen Winkelwerk sehr spaßig und leicht kontrollierbar macht. Allerdings erfordert der Lenker in engen Kehren ein gutes Gespür, um ein übermäßiges Einkippen zu vermeiden. Ihre Agilität macht sie ideal für enge, verwinkelte Strecken. Die Spurstabilität der V85 TT ist weniger ausgeprägt, was sich besonders auf unebenem Untergrund zeigt. Während sie in Schräglagen sauber die Linie hält, verliert sie bei Unebenheiten aufgrund des Fahrwerks an Präzision.
Ergonomie und Reisetauglichkeit auf Moto Guzzi Stelvio und V85 TT
Die Stelvio bietet eine angenehm aufrechte Sitzposition mit einem breiten Lenker, der viel Kontrolle ermöglicht, selbst in engen Kurven. Die Sitzhöhe von 830 mm ist für durchschnittlich große Fahrer gut geeignet, könnte aber durch die Breite der Maschine für kleinere Fahrer als hoch empfunden werden. Der bequeme Sattel mit guter Polsterung sorgt dafür, dass auch längere Fahrten ohne Beschwerden möglich sind. Einziger Kritikpunkt: Fahrer mit längeren Beinen bemängelten, dass ihre Knie nicht optimal in die Tankrundungen passen. Auch die V85 TT bietet eine entspannte, auf Touren ausgelegte Ergonomie mit einer Sitzhöhe von 830 mm. Für Fahrer mit einer Körpergröße von 1,85 m ist die Sitzposition komfortabel, jedoch können die Sozius-Fußrasten bei aktiver Fußstellung störend wirken. Insgesamt ist die Ergonomie der V85 TT auf entspanntes Dahingleiten ausgelegt, ohne einen sportlichen Anspruch zu erheben. Die Stelvio ist klar auf Tourenfahrer ausgerichtet und überzeugt mit ihrem komfortablen Sattel und einer ergonomischen Sitzposition. Sie eignet sich hervorragend für lange Strecken und bietet ausreichend Komfort, um mehrere Stunden im Sattel zu verbringen. Die V85 TT ist ebenfalls für Touren geeignet, allerdings eher für entspanntes Fahren. Der Komfort der Sitzposition wird durch kleinere ergonomische Mängel wie die Fußrasten und den unzureichenden Windschutz eingeschränkt, was die Reisetauglichkeit für längere Strecken leicht beeinträchtigen kann. Der Windschutz der Stelvio ist für lange Strecken besser ausgelegt und obwohl er im Vergleich zur Konkurrenz nicht besonders hervorsticht, sorgt er mit der elektrischen Verstellung für ein richtig cooles Komfortfeature.
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Moto Guzzi Stelvio und V85 TT mit umfangreicher Ausstattung
Ein Highlight der Stelvio ist der bereits zuvor erwähnte elektrisch verstellbare Windschild, der während der Fahrt einfach an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden kann. Ansonsten ist die Stelvio umfassend mit schräglagenabhängiger Traktionskontrolle, Kurven-ABS und mehreren Fahrmodi ausgestattet. Die Assistenzsysteme greifen dezent ein und bieten Sicherheit, auch bei rutschigen Straßenbedingungen. Diese Ausstattung ist in der oberen Reiseenduro-Mittelklasse mittlerweile Standard und wird von der Stelvio überzeugend umgesetzt. Auch die V85 TT verfügt über schräglagenabhängige Traktionskontrolle und Kurven-ABS, was sie technisch auf den neuesten Stand bringt. Allerdings wird diese Ausstattung in der Leistungsklasse der V85 TT nicht als zwingend notwendig angesehen, da das Motorrad eher für entspanntes Fahren konzipiert ist. Beim Bedienkonzept sind sich die Guzzis einig, da ist die Verwandtschaft zum Piaggio-Konzern bei beiden sichtbar. Die Mehrfachbelegung der Pfeiltasten und die Moduswahl über den Startknopf können bei der Stelvio schon mal für Verwirrung sorgen. Dafür ist die moderne Gestaltung des Displays an der V85 TT, die nicht mit dem Retro-Charakter des Motorrads harmoniert, nicht jedermanns Sache. Dass der Quickshifter mit Blipper an der Stelvio nur optional erhältlich ist, mag verwundern, die paar hundert Euro Aufpreis sollte man aber auf jeden Fall einkalkulieren.
Italienische Bremsen auf italienischen Bikes!
Die Brembo-Bremsen der Stelvio überzeugen durch eine präzise Dosierbarkeit und ausreichend Biss. In Kombination mit dem Kurven-ABS bieten sie ein kontrolliertes Bremsgefühl, das sowohl bei sportlicher Fahrweise als auch in kritischen Situationen Sicherheit vermittelt. Die lineare und vorhersehbare Bremskraft macht sie ideal für Fahrer, die auf Stabilität und Vertrauen in jeder Fahrsituation Wert legen. Die V85 TT verfügt ebenfalls über Brembo-Bremsen, die jedoch ein weniger homogenes Bremsgefühl vermitteln. Die vordere Bremse bietet einen sportlichen Biss, jedoch wird der Bremsdruck nicht linear aufgebaut. Stattdessen setzt der Druck unvermittelt ein, was die Dosierbarkeit erschwert. Die Hinterradbremse zeigt deutliche Schwächen: Ein langer Leerweg führt zu einem abrupten Bremsverhalten, das präzises Bremsen mit dem Hinterrad nahezu unmöglich macht.
Fazit Moto Guzzi Stelvio gegen V85 TT
Die Moto Guzzi Stelvio überzeugt als Reiseenduro mit einem markanten V2-Motor, modernen Elektronik-Features und einer auf Asphalt ausgelegten Performance. Ihr Fahrwerk bietet Stabilität und Komfort, zeigt jedoch Schwächen bei schnellen Schlägen. Das Getriebe erfordert eine robuste Handhabung, was nicht jedermanns Geschmack trifft, doch Guzzi-Fans schätzen genau diesen Charakterzug. Für lange Touren und Fahrer, die das typisch "Guzzi-hafte" Fahrerlebnis suchen, ist die Stelvio eine echte Bereicherung. Sie kombiniert Tradition und Moderne und bietet alles, was eine Guzzi ausmacht: einen charismatischen Motor, ein unverwechselbares Design und Fahrspaß für diejenigen, die bereit sind, sich auf ihre Eigenheiten einzulassen. Die Guzzi V85 TT punktet wiederum durch ihren außergewöhnlichen Stil und eine auf Bequemlichkeit ausgelegte Gesamtauslegung. Sie ist kein Motorrad für sportliche Ambitionen, sondern ein Fahrzeug, das mit seiner Reisetauglichkeit und seinem entspannten Charakter überzeugt. Der V2-Motor bietet genug Kraft für enge Kurven und steile Anstiege, bleibt aber stets im Einklang mit dem gemütlichen Grundton des Motorrads. Mit ihrer Individualität, dem ikonischen Design und einem soliden Allrounder-Konzept spricht die V85 TT Fahrer an, die etwas Außergewöhnliches suchen. Sie ist ideal für gediegenes Dahingleiten und entspanntes Touren, bei dem die Optik und das Guzzi-Gefühl im Vordergrund stehen.
SPIDI Textixbekleidung als Austrüstung für den Reiseenduro Alltag
Für diejenigen unter euch, die sich für die beim Test getragene SPIDI Bekleidung interessieren, gibt es in den folgenden Zeilen eine detaillierte Auflistung.
Amelie & McGregor:
- Net H2Out Jacke & Crossmaster H2Out Hose: Sommerjacke mit Mesh-Anteil und herausnehmbarer Membran für Flexibilität bei verschiedenen Wetterlagen. Die Crossmaster-Hose bietet Belüftungsöffnungen an den Oberschenkeln.
- Seamless Kompressions-Shirt & Leggings: Nahtlose Funktionswäsche für hohen Tragekomfort unter der Schutzkleidung.
- Rückenprotektor (Warrior Dame bei Amelie, Compact Warrior 510 bei Gregor): Schützen den Rücken individuell angepasst per Klett.
- SPIDI NEO-S LADY Schuhe (Amelie) und SPIDI X-GT-Handschuhe (Gregor): Komfortable Tourenausrüstung.
Ewald:
- SPIDI Frontier Jacke & Hose: Flexible, leichte Sommerbekleidung mit großen Belüftungsöffnungen, aber ohne Wasserdichtigkeit.
- X-GT-Handschuhe, Kompressionswäsche, Compact Warrior 510 Protektor & Warrior Chest: Schutz und Komfort bei langen Touren.
Arlo & Poky:
- Super Net Tex Jacke & Protektoren (Compact Warrior 510 & Warrior Chest): Leichte Schutzschicht mit direkt am Körper befestigten Protektoren für optimalen Sitz.
- Patrick: Enduro Pro Jacke (mit abnehmbaren Ärmeln); Valentin: 3L Shell H2Out Jacke (wasserdicht, mit Belüftungsöffnungen).
Vauli:
- Tech Armor Tex Jacke & SoftShell Mission-T Jacke: Die Tech Armor trägt Protektoren direkt am Körper, ergänzt durch die wärmende und flexible Mission-T Softshell-Jacke.
- Crossmaster H2Out Hose mit großen Belüftungsöffnungen.
- Kompressionswäsche & G-Warrior Handschuhe: Schutz und Komfort für lange Fahrten.
Als Unterbekleidung trugen alle Tester nahtlose Funktionswäsche für hohen Komfort und angenehmes Körpergefühl.
Einheits-Klapphelm HJC RPHA 91 Carbon im Test
Bei diesem Test setzte die gesamte Crew auf den neuen HJC RPHA 91 Carbon. Dieser stellt sich als hochwertiger Klapphelm vor, der vor allem mit seinem geringen Gewicht im Vergleich zum regulären RPHA 91 punktet. Besonders hervorzuheben ist das große Sichtfeld, das für eine ausgezeichnete Rundumsicht sorgt – ein echter Vorteil sowohl im Stadtverkehr als auch bei längeren Touren. Die Belüftungssysteme funktionieren tadellos, und das waschbare, antibakterielle Innenfutter trägt spürbar zum Tragekomfort bei, vor allem bei wärmeren Temperaturen. Der Helm erfüllt selbstverständlich die ECE 22.06 Norm und bietet somit einen aktuellen Sicherheitsstandard, während die Homologation als Jet- und Vollvisierhelm Flexibilität und Vielseitigkeit verspricht.
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Moto Guzzi V85 TT 2024 - Erfahrungen und Expertengutachten
vauli
Müssen jetzt Besitzer einer älteren V85 TT umsteigen? Natürlich nicht, aber die umfangreichen Änderungen fürs Modelljahr 2024 waren sinnvoll, der Motor wirkt einen Tick „erwachsener“, die schräglagenabhängigen Assistenzsysteme sind der Fahrsicherheit zuträglich. Insgesamt ist die klassisch schöne Moto Guzzi V85 TT – oder auch Strada und TT Travel – nach wie vor ein wunderbares Tourenmotorrad, das sich auf der Straße am wohlsten fühlt und wie für entspanntes Cruisen gemacht ist, wenngleich sie auch richtige agil durchs Kurvenwerk kann und natürlich auch einfachere Offroad-Passagen bewältigt. Das alles in Verbindung mit ihrem kultigen Äußeren und dem in ihrer Fahrzeugklasse Alleinstellungsmerkmal eines pflegeleichten Kardan-Antriebs machen sie zu einer echten Alternative im Bereich der Mittelklasse-Reiseenduros bzw. Adventure-Tourer.
Moto Guzzi Stelvio 2024 - Erfahrungen und Expertengutachten
vauli
Mit der neuen Stelvio hat Moto Guzzi nun auch eine (Kardan-)Reiseenduro bzw. einen Adventure-Tourer im Portfolio, der sich zwar - vollgestopft mit modernster Elektronik - auf der Straße zu Hause fühlt, aber auch für unbefestigte Wege bereit ist. Für härteres Gelände ist sie zwar spürbar nicht gemacht, dafür passt weder ihre Ergonomie, noch sind ihr Fahrwerk und andere Komponenten dafür ausgelegt. Dafür bietet sie mit ihrem charakterstarken V2-Motor, der nicht nur optisch sorfort ins Auge sticht, sondern auch von seiner Performance zu überzeugen weiß, einzigartigen Charme und ein Alleinstellungsmerkmal im breit aufgestellten Reiseenduro-Segment.
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Quelle: 1000PS